Freitag, 25. September 2015

Über die Langlebigkeit von Familienrezepten


Wir essen keine Wurst. Eigentlich mag sie keiner bei uns. Wir essen Schinken und Salami, ok, aber nicht dieses blasse, flache Zeug, das bei uns in der Gegend "Aufschnitt" heißt.
Man könnte deshalb annehmen, dass wir auch keinen Wurstsalat mögen. Das stimmt aber so nicht. Es gibt da diesen einen, einzigen Wurstsalat, der bei uns unter dem Namen Oma-Marga-Gedenksalat läuft, und den mag jeder. Ausgenommen das Veggieschneckchen natürlich. 
Meine Oma Marga war eine Puristin was Essen angeht. Es gab zu jedem Geburtstag das Gleiche. Den schon genannten Oma-Marga-Gedenksalat, Pferdeknackwurst von der Metzgerei Härting, Senf und Kornbrot. Das Kornbrot natürlich ohne ganze Körner und ungestäubt. Keiner der Gäste hätte je erwartet, dass es zum Abendessen was anderes gäbe. Vermutlich hätte es auch keiner gewollt. Manche Dinge sollten einfach so bleiben, wie man sie kennt.


Der Wurstsalat meiner Oma Marga ist vermutlich nichts besonderes und die Zutaten der "schlechten Zeit" geschuldet, wie sie die mageren Jahre während und nach dem Krieg genannt hat. Vielleicht ist es auch ein Rezept ihrer Mutter gewesen. Leider habe ich sie nie danach gefragt. Das Rezept hält sich bei uns aber hartnäckig und ich käme nie auf die Idee einen anderen Wurstsalat zuzubereiten. Wir mögen ja nicht mal Wurst ...

Den Gedenksalat gibt es jedes Jahr zu Omas Geburtstag am 26.Januar und hin und wieder auch unter dem Jahr noch mal. Ich bereite immer eine große Portion davon zu, denn meine Kinder sind total wild drauf und es muss immer auch ein Teller voll für meinen Papa übrig bleiben. Meine Mama kann den Wurstsalat nämlich nicht zubereiten. Sie kann jedes erdenkliche andere Gericht, den Wurstsalat aber kriegt sie nicht hin. Gut, dass ich jahrelang die Zubereitung mit meiner Oma geübt habe, sonst wäre der Salat verloren. 

Es steht und fällt mir den Zutaten. Abweichungen vom Rezept werden nicht geduldet. Weitere Zusätze auch nicht. In den Salat kommt kein Käse, keine Gurken, kein Knoblauch, keine Radieschen sondern nur die folgenden Zutaten:

1 kg in Streifen geschnittene feine Schinkenwurst
3 Schalottenzwiebeln, sehr fein gewürfelt
10 hartgekochte Eier
eine gute Hand voll in kleine Röllchen geschnittener Schnittlauch
eine Packung ungesüßte Kondensmilch 10%
Sonnenblumenöl
Melfor Essig!
Salz, Pfeffer

Auch beim Melfor Essig gibt es keine Diskussion. Der muss rein. Ebenso die Kondensmilch; Sahne geht nicht. Die hartgekochten Eier werden gepellt und mit einem Eierschneider in kleine Würfelchen gequetscht. Und dann einfach alles mischen. Nicht zu viel Essig zugeben, denn sauer soll der Salat nicht schmecken. Und mittlerweile ist es akzeptiert vorgeschnittene Wurst zu verwenden. Das hat gegen Ende sogar meine Oma gemacht. Als ich ein Kind war, hat sie allerdings die Wurst noch mit der Hand geschnitten. Auf einem alten Resopalbrettchen mit einem ziemlich abgehalfterten, kleinen Messerchen. Ist schon unglaublich an was ich mich alles erinnern kann, wenn ich eine Portion von diesem Wurstsalat verdrücke.  

Muß der geneigte Leser den Salat zubereiten und essen? Vermutlich nicht. Darum geht es mir gar nicht. Allein um die Wichtigkeit von Familienrezepten und natürlich darum, dass meine Kinder das Rezept kennen. Denn dafür gibt es ja diesen Blog.

Gibt es diese Familienrezepte bei Euch auch?

1 Kommentar:

  1. Melfor Essig! *schwärm* Zum Glück gibt es ihn mittlerweile auch hier in München.

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